Arbeitsagogik – was ist das?

 

Es war in einem Buchantiquariat in Bern, dort entdecke ich ein kleines Büchlein, kaum grösser als eine Postkarte «Ein jeder pfeift auf seinem Ast» ein Lebensbericht von Adolf Schaer-Ris, 1963. Mich traf der Blitz, das genau ist der Blickwinkel und das gute Fundament, um Arbeitsagogik zu erklären. Jeder Mensch sitzt auf seiner Lebenskiste, trägt oder schleppt seine Erfahrungen mit sich herum und handelt, basierend auf eben diesen Ursubstanzen, aus deren er oder sie geformt ist.

 

…dies ist eine wichtige Information, vor der Einnahme fragen sie ihren Arbeitsagogen*in, Psychiater oder Apotheker…oder irgendjemanden der es auch weiss…

 

Beipackzettel zur Arbeitsagogik

 

Was ist Arbeitsagogik? Arbeitsagog*innen begleiten Menschen bei der Arbeit und fördern sie in ihrem Tun und Weiterkommen. Sie unterstützen Menschen beim erschwertem Zugang zur Arbeitswelt und unterstützen beim Arbeitsplatzerhalt.

 

Wie funktioniert Arbeitsagogik? Arbeitsagog*innen unterstützen und fördern die Entwicklung der begleiteten Menschen über die Arbeit. Sie begleiten marktorientierte Arbeitsprozesse unter Berücksichtigung der individuellen Ressourcen und Bedürfnisse der begleiteten Menschen.

 

Wo arbeiten Arbeitsagogen und Arbeitsagoginnen? Sie arbeiten in sozialen Institutionen und Organisationen, im Gewerbe und der Industrie, also auch in Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarkts. Diese Fachpersonen sind allerorts einsatzfähig wo Unterstützung am Arbeitsplatz gefordert und gefragt ist.

 

Welche Kompetenzen sind gefragt? Sie unterstützen und befähigen Menschen kooperativ darin, sich selbst zu vertreten, ihr Potenzial zu erkennen und sich einzubringen. Sie führen Abklärungen zur Standortbestimmung durch, legen gemeinsam mit den begleiteten Menschen individuelle Förderziele fest und werten sie zusammen aus. Sie leiten die begleiteten Menschen am Arbeitsplatz an und richten diesen bedürfnisgerecht ein. Sie unterstützen so die individuelle Entwicklung der begleiteten Menschen.

 

Arbeiten Arbeitsagog*innen ausschliesslich mit Einzelpersonen zusammen? Nein. Sie verfügen über ausgewiesene Kompetenzen in der Begleitung von Menschen mit Unterstützungsbedarf. Spezielles Augenmerk liegt dabei auch auf dem Leiten von Gruppen. Sie stellen die Arbeitsfähigkeit in der Gruppe sicher, klären Konflikte und leiten Gruppenbesprechungen. Zudem nehmen sie die Einsatzplanung und Instruktion der Gruppe vor und führen bei Bedarf Schulungen durch.

 

Ist agogische Begleitung beim Abwickeln eines Auftrags nicht hinderlich? Nein, Arbeitsagogik unterstützt. Arbeitsagog*innen bewegen sich professionell im Spannungsfeld der Wirtschaft, Produktion bzw. Dienstleistungserbringung, im Einklang mit den Zielen und Ressourcen der begleiteten Menschen und der Fördermassnahme bzw. des Entwicklungsauftrags. In Zusammenarbeit mit den begleiteten Menschen entwickeln sie geeignete Hilfsmittel für anstehende Arbeiten und optimieren die Vorgehensweisen. Sie stellen die Abwicklung der Aufträge sicher.

 

Sie arbeiten konstruktiv mit verschiedenen Anspruchsgruppen zusammen, nehmen am Fachaustausch in interdisziplinären Teams teil.

 

Stehen da Arbeitsagog*innen nicht unter einem hohen Druck? Ja, schon. Sie zeichnen sich durch einen bewussten Umgang mit den eigenen Ressourcen aus und gestalten die Beziehungen im beruflichen Kontext professionell. Sie beobachten Trends in ihrem Arbeitsbereich und geben gezielt Impulse zur Förderung von Innovationen.

 

Wo sehen Sie diesen Beitrag für die Gesellschaft, Wirtschaft, Natur und Kultur? Arbeit ist nicht nur ein wesentlicher Erfolgsfaktor einer gesunden Wirtschaft, sondern durch ihren sinnstiftenden und gesundheitsförderlichen Charakter auch auf gesellschaftlicher Ebene hoch relevant. Arbeitsagog*innen leisten mit ihrer Arbeit einen wesentlichen Beitrag hierzu. Die von ihnen begleiteten Menschen sind eingebunden in den Arbeitsprozess und können ihren individuellen Beitrag leisten. In der Arbeit achten Arbeitsagog*innen auf einen sorgsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen und der Umwelt.

 

Steht doch schon in der Bundesverfassung in der Präambel … gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen.

 

Vielfältigkeit der Berufsausübung Arbeitsagog*innen arbeiten in der Regel eingebunden im Team, wobei ihre Hauptfunktion das Führen von Menschen mit Unterstützungsbedarf ist. Ihr Arbeitsumfeld ist komplex. Sie arbeiten mit verschiedenen Anspruchsgruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Alle diese verschiedenen Bedürfnisse müssen sie individuell ausbalancieren und professionell mit den Zielkonflikten umgehen. Die arbeitsagogische Arbeit unterstützt die begleiteten Menschen und fördert deren Entwicklung im Hinblick auf einen Eintritt in die Arbeitswelt oder den Erhalt der Arbeitsstelle. Im Zentrum stehen die sozialen und methodischen Kompetenzen, die Stabilität und Kontinuität in Bezug auf Arbeitsqualität und -quantität.

 

Wo ist Arbeitsagogik gefragt? In Institutionen und Organisationen für Menschen mit einer Beeinträchtigung und im Strafvollzug. Sie arbeiten mit Menschen mit einer Suchtproblematik, mit Menschen mit Migrationshintergrund, mit Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf, Stellensuchende oder Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger.

Im Gewerbe und der Industrie. Sie arbeiten in internen Umschulungen, in der Wiedereingliederung nach Unfällen und bei arbeitsplatzerhaltenden Massnahmen.

Immer dort wo eine fördernde Unterstützung für Menschen gefragt und nötig ist.

 

Wer kann Arbeitsagog*in werden? alle Menschen, die einen Berufsabschluss und ein Interesse zur Arbeit mit Menschen haben. Sie schliessen die Ausbildung mit einem attraktiven eidg. Fachausweises als Arbeitsagoge*in ab.

 

Felix Jeanmaire, Verbandspräsident VAS